Interview - Fearless Vampire Killers, 03. Oktober 2015, Saarbrücken

Wir treffen Laurence Beveridge (Vocals & Guitar), Kier Kemp (Vocals & Guitar), Shane Sumner aka Cyrus Barrone (Leadguitar), Drew Woolnough (Bass) und Luke Illingworth (Drums) vor dem Konzert am 3. Oktober im Backstagebereich des 'Kleinen Klub' der 'Garage' in Saarbrücken. Die Stimmung ist entspannt und nach kurzer Vorstellung aller Beteiligten geht es auch direkt schon los.

Die Antworten zur Frage nach den ersten Erinnerungen zum Thema Musik reichen von Drews Erzählung, wie sein Vater ihn zu einem bestimmten Lied („The Ring-ding-ding-Song“) auf seinen Knien hüpfen ließ, über die David Bowie-Interpretationen von Kiers Mutter, hin zu Disney's Dumbo, dessen alkoholisiertes Lied Lukes erster Lieblingssong war. Damit ist die Überleitung zur Frage nach dem Lieblings-Disney-Song einfach, auch wenn die Antwort schwierig scheint: „Das ist, wie nach unserem Lieblingsessen zu fragen!“ merkt Kier an, „Es gibt so viele!“. Drew und Kier einigen sich schließlich auf 'Let's get down to business' aus Mulan, während Luke sich für 'The Circle of Life' entscheidet. 

Nachdem geklärt wurde, dass eine Selbstzensur der Texte nicht stattfindet, gehen Laurence,
Luke und Kier näher auf den Songwriting-Prozess an sich ein: Entgegen den Vorstellungen vieler Laien setzt sich kaum eine Rock-Band zusammen, um Songs zu schreiben. Meist hat einer der Musiker eine Idee, eine Vision, die er ausarbeitet, bis er sie dem Rest der Band vorstellt, die dann dem Ganzen zum Feinschliff verhilft. Zu viele Kompromisse beim Schreiben, besonders im Frühstadium, würden zu einem recht langweiligen Endprodukt führen, weshalb laut Laurence die größten Songs auch meist von nur einem Komponisten stammen.

Als nächstes wird eine Anekdote aus dem Tourleben zum besten gegeben: Offenbar kann eine Überfahrt via Fähre von Schweden nach Finnland sehr lange dauern und da man sich die Zeit irgendwie vertreiben musste, wurde der zuvor im Duty Free-Shop erstandene Wodka dezimiert – es folgte ein sehr überstürzter Aufbruch am nächsten Morgen und ein verkaterter Tourabschluss am Abend. „Niemand hat diese Nacht unbeschadet überstanden.“ Und die Mimik der fünf Briten zeigt deutlich, dass dieser Satz nicht nur dahergesagt war.

Die Suche nach Jugendsünden im CD-Regal bleibt recht ergebnislos: Kier findet auch seinen heutigen Musikgeschmack noch recht blamabel, während Drew sich für seine Backstreet Boys-Alben nicht schämen mag. Luke mag die Musik, die er früher hörte, immer noch und Laurence ist der Meinung, dass Beatles und Green Day nichts sind, das ihm peinlich sein müsste. Schließlich gibt Kier aber doch noch zu, dass einige Emo-Bands, die er mal hörte, ziemlich schrecklich waren.

Als die Band sich entscheiden soll, mit welchem beliebigen Musiker – tot oder lebendig - sie einen Song aufnehmen möchte, fallen verschiedenen Namen, dabei stechen Elton John, Wayne Coyne und Kurt Cobain jedoch heraus.
Auch auf die Frage welchen ihrer Songs sie gerne von wem gecovert hören würden reagiert die Band unentschieden. Ein Cover von 'Brave the night' wäre interessant – oder etwas völlig absurdes, wie eine 'City falls to Dust'-Version von Napalm Death.

Die Sprache kommt schließlich auf ihre außerordentliche Fannähe in den sozialen Netzwerken und nach Konzerten; diese bezeichnet Kier als gute Manieren: „Wir sind dankbar. Wir können diesen verrückten Traum leben und sie ermöglichen uns das. Also ist es in erster Linie Anstand.“
Den tendenziell introvertierteren Musikern wie Laurence fällt das zwar nicht immer leicht, doch der Computer als virtuelle Barriere hilft, ebenso wie die Einstellung gegenüber der Fanbase, die in der heutigen Zeit eben diesen Kontakt erwartet.
Interessant ist die Entwicklung hin zum Berufswunsch 'Musiker' bei allen: Kier wollte als Kind zuerst Paläontologe werden, „wie die meisten Kinder“, bevor er Tierarzt als Beruf anstrebte. Als er entschied, doch nicht sein Arbeitsleben in den Innereien verschiedener Tiere verbringen zu wollen, beschloss er schließlich Musiker werden. Laurence wollte früher Filmregisseur werden und Drew wusste zwar schon früh, dass er Künstler werden wollte, nur die Art der Kunst stand noch nicht fest. Lukes Traum, ein Milchmann zu werden, entwickelte sich schnell zum Albtraum, als er für zwei Tage tatsächlich als Milchmann arbeitete und nachts um zwei aufstehen musste. Und auch Shanes ursprünglicher Wunsch, Tony Hawk zu sein, wurde zunächst vom Ziel, Animateur zu werden abgelöst, bevor schließlich Kier „sein Leben stahl“.

Auch die ersten und heutigen Konzerterlebnisse sind interessant. Während Kier sein erstes Konzert (Lee „Scratch“ Perry) alles andere als unterhaltsam fand, versucht er heutzutage, selbst wenn er die Musik nicht mag, zumindest die Show zu studieren.
Laurence fällt es weniger leicht als früher, Konzerte und allgemein Musik zu genießen; wie auch Drew neigt er durch seinen Beruf dazu, alles zu überanalysieren. „Der Blick auf Songs und Musik ändert sich. [...] Wenn Musik dein Leben ist, bekommt sie eine neue Bedeutung, sie ist nicht mehr nur Spaß.“ Er erläutert näher, wie der Beruf 'Musiker' seine Wahrnehmung als Musikhörer und seinen Musikgeschmack veränderte, als Drew einwirft, dass die Vorfreude auf ein Konzert bei ihm trotzdem noch vorhanden ist und erzählt von einem Konzert der Punkrock-Band 'Creeper', das er mit Laurence besuchte. Beide sind sich einig, dass die Band durchaus hörenswert ist.

Auch Luke erlebt Konzerte 'berufsbedingt' anders als früher, er konzentriert sich sehr auf den Drummer und blendet das meiste drumherum einfach aus.
Trotzdem spielen sie natürlich gerne selbst live und dabei am liebsten 'Say what you want from me' und das Cover von Bonnie Tylers 'Hero', das sie selbst als „Iron Maiden-ähnlich“ bezeichnen. Laurence begründet gerade die erste Wahl damit, dass jene Songs, die viele verschiedene Elemente haben, am meisten Spaß machen.
Die Wahl der Venue, ob lieber große Festival-Bühne oder kleinere Clubs fällt einstimmig auf die Clubs, wegen der besseren Atmosphäre und der Nähe zum Publikum.

Die Freude an Liveauftritten erschwert die Entscheidung zur nächsten Frage erheblich: Würden sie eher nie wieder live und nur noch im Studio spielen, oder doch eher nach Belieben auf Tour gehen und nie wieder ein Studio betreten? Aufs Touren möchte keiner verzichten, aber wie lange reichen die bisher geschriebenen Songs? Luke hat die rettende Idee: „Wir könnten uns aufteilen.“ Kier stimmt zu: „Wir nominieren einen von uns, der im Studio bleiben muss.“ Keine schlechte Lösung, wenn man ohnehin zwei Sänger hat.

Wir fragen nach, ob sie deutsche Bands abgesehen von AnnIsOkay kennen. Offenbar haben deutsche Musiker es jedoch schwer, in England Fuß zu fassen und Bekanntheit zu erlangen, denn außer Rammstein und Blind Guardian fallen ihnen nur noch Tokio Hotel ein.
Stattdessen wissen sie aber deutsches Brot und Bier zu schätzen, sowie die äußerst zuvorkommende Art, mit der sie als Band in Deutschland behandelt werden.
Das lässt hoffen, dass die anvisierte Headlinertour nicht allzu lange auf sich warten lässt.

Als letztes wollen wir wissen, was die Band von Fanworks wie Zeichnungen und Geschichten mit/über die Band denkt. Von den teils hervorragenden Zeichnungen sind sie einhellig begeistert, finden Fanfiction jedoch eher seltsam - besonders die „sexy Fanfictions“ – wenn auch in gewisser Weise lustig.
Bevor wir uns verabschieden, nutzen die fünf Briten die Gelegenheit, ihren Fans noch etwas mitzuteilen, um sich zu bedanken: „Danke, dass ihr uns mögt! Wir werden definitiv wiederkommen!“



Das Interview im Originalwortlaut könnt ihr hier sehen:

 

03.10.2015 - Interview with Fearless Vampire Killers - Saarbrücken from Kaleidoskop-Magazin on Vimeo.


Text & Bilder: C. & S. Stahl

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